Hochzeitsgeschenk auf vier Beinen

Für mich war 1985 ein Jahr mit vielen Ereignissen und auch ein verrücktes Jahr. Es ging uns allen prima, mein Sohn, mein damaliger Verlobter und ich hatten nichts zu beklagen, wir waren eine glückliche Familie. Mein Verlobter machte mir einen Heiratsantrag und wollte auch meinem Sohn René seinen Namen geben. Ich war richtig glücklich. Wir hatten vor, so viele Dinge zu machen und wir planten
auch ein Geschwisterchen für René. Unserer Hochzeit im Juni 1985 stand nichts mehr im Weg. Es mussten nur noch einige Vorbereitungen getroffen werden und ich hatte nicht den Gedanken daran verschwendet, dass irgendetwas daneben gehen könnte. Alles lief super.

Zwei Tage vor unserer Hochzeit offerierte mir mein Verlobter, dass er gerne einen Hund haben möchte. Gerd hatte durch Zufall einen ganz drolligen Hund kennengelernt, den er gerne hätte. Ich dachte nur, „wenn er sonst keine Sorgen hat – oder hat er vielleicht Lampenfieber?“ Ich überging das Thema erst einmal und dachte „solche Sorgen möchte ich auch mal haben“, damit kann er wohl noch warten. Zuerst wird geheiratet, dann werden wir weiter sehen. Für mich stand fest, jetzt wäre ein Hund das Allerletzte an das ich denken würde. Wir hatten schon so viele Sachen geplant, die einfach Vorrang hatten. Für alles hatte ich Zeit, nur nicht mich noch um einen Hund kümmern zu müssen.

Der Tag unserer Hochzeit kam immer näher. Langsam bekam ich Lampenfieber, aber da musste ich durch. Nun war es so weit, es wurde ernst und ich habe mich getraut und sagte „JA“. Wir hatten einen Traumtermin Freitag 14:00 Uhr, die Hochzeit war super.

Am Montagmorgen ging mein Mann Gerd Brötchen holen. Als er mit den Brötchen wieder kam, erzählte er mir von Rocky (schwarzer Labrador) und dass er ihn gerne hätte, er sei doch so süss. Am gleichen Tag holten wir Rocky zu uns, aber nur mit der Auflage, dass sich Gerd selbst um den Hund kümmern müsse, denn ich habe die Zeit nicht. Eigentlich hatten wir vereinbart, uns gegenseitig keine Hochzeitsgeschenke zu machen, aber ich meinte zu ihm, Rocky sei dann eben ein nachträgliches Hochzeitsgeschenk von mir.

Wir wussten zu diesem Zeitpunkt nicht, dass Rocky krank ist. Mir tat der kleine Kerl mit seinen fast 5 Monaten richtig leid. Wir gingen zu einer Tierärztin, die den Hund bereits kannte und uns verkündete, dass unser Rocky einen bösen Magen- und Darmvirus und Ohrenräude hat, die sehr schmerzhaft ist. „Prima“ dachte ich, jetzt haben wir einen kranken Hund um den ich mich kümmern muss. Auch wenn ich anfänglich sehr schroff war, weil ein Hund nicht in unsere Pläne passte, habe ich diesen kleinen Kerl schnell sehr lieb gewonnen. Mit guter Pflege ist Rocky innerhalb einer Woche fast wie neu gewesen. Nur die Ohrenräude dauerte etwas länger, sie heilte dann doch noch vollständig ohne bleibenden Schäden aus.

Nachdem der Rocky sich von mir immer so tapfer verarzten ließ, kam es so wie es kommen musste und zwar alles ganz anders als wir es uns vorgestellt hatten. Rocky war der Meinung er gehöre mir und meinen Sohn René, der sei sein Spielkamerad und sehr kostbar. Mit meinem Mann Gerd aber hatte Rocky überhaupt nichts am Hut. Er gehorchte ihm nicht und hat ihn ziemlich ignoriert. Rocky hörte nur auf meinen Sohn und mich. Es ging sogar so weit, dass unser lieber Rocky mich und meinen Sohn vor Gerd beschützt hat. Wir konnten ihn zum Einkaufen mitnehmen und ihn mit den bereits gekauften Sachen vor einem Geschäft platzieren, er hat auf den Einkauf aufgepasst und dies sogar ohne angeleint zu sein. Hat er vor einem Geschäft Wache gehalten und sogar andere Hunde haben ihn nicht interessiert. Rocky hat nur darauf gewartet, dass wir wieder aus dem Laden heraus kommen.

Nun hatte ich genau das, was ich eigentlich am allerwenigsten haben wollte; einen Hund um den nur ich mich kümmern konnte. Mein Sohn war mit seinen 4 Jahren noch zu klein und mein Mann konnte mit dem Hund gar nicht. Ist Gerd mit dem Hund Gassi gegangen, hätte man lieber sagen sollen der Hund ist mit ihm gegangen. Gerd hing wie ein Fähnchen im Wind hinten dran. Eines schönen Tages hat unser Hund meinen Mann gebissen, weil er mit René geschimpft hat. Als René dazwischen ging hat Rocky ihn mit erwischt und René erlitt einen blauen Fleck im Gesicht.

Um sicher zu gehen, das nicht noch schlimmere Dinge geschehen, haben Gerd und ich entschieden, den Rocky abzugeben. Wir haben ein sehr gutes Zuhause für ihn gefunden. Er kam zu einer gehbehinderten jungen Frau, deren Mann im Wachschutz tätig war und genau das lag Rocky sehr. Rocky war ein richtiger Beschützer und Bewacher, der sich immer schnell der jeweiligen Situation anpasste. Glücklicherweise hatte er mit seinem neuen Herrchen keine Probleme, er war immer gern mit ihm auf Tour.

Viel später musste ich erkennen, dass es nicht an dem Hund sondern viel mehr an meinem Mann lag, dass die beiden nicht miteinander klar kamen. Heute denke ich, dass ich mich nicht Rocky sondern von Gerd hätte trennen sollen. Rocky war ein toller Hund der viel von mir und René gelernt hat, sehr gehorsam war. Noch heute denken wir sehr gern an unseren Rocky.

© Simone Warnke Januar 2011

[ad]

Print Friendly, PDF & Email
This entry was posted in Wahre Geschichten and tagged , , , . Bookmark the permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert